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Agenten

Das FBI und die GPU in der trotzkistischen Bewegung

von Eric London (Autor:in) Ute Reissner (Übersetzung)
©2020 239 Seiten

Zusammenfassung

Der Autor nutzt Archivmaterial, um ein neues Licht darauf zu werfen, wie die Regierungen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion die trotzkistische Weltbewegung von den 1930er bis 1980er Jahren ausspioniert und infiltriert haben.
Ab den 1930er Jahren gelang es beiden Regierungen, hochrangige Vertreter ihrer Geheimdienste innerhalb der amerikanischen trotzkistischen Socialist Workers Party (SWP) zu platzieren. Durch ihr Netzwerk von Spionen konnte die stalinistische Geheimpolizei GPU die Ermordung Leo Trotzkis, dem Führer der Russischen Revolution, im August 1940 in Mexiko organisieren. Das FBI nutzte sein Netzwerk von Undercover-Agenten, um die Verurteilung von 18 SWP-Mitgliedern im Jahr 1941 wegen Aufruhrs unter dem kurz zuvor verabschiedeten Smith Act vorzubereiten. In beiden Fällen setzte sich die Infiltration weit über die frühen 1940er Jahre hinaus fort.
›Agenten‹ dokumentiert die Untersuchung ›Sicherheit und die Vierte Internationale‹, die 1975 vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) begonnen wurde, um das GPU-Netzwerk, das Trotzki ermordet hat, aufzudecken. Sie deckte auch die Infiltration des Staats durch US-Regierungsagenten auf, die innerhalb der SWP arbeiteten. Obwohl die SWP bereits 1947 erfuhr, dass ihre Partei von der GPU infiltriert worden war, unterließ sie es, eine tiefgehende Untersuchung durchzuführen, und vertuschte stattdessen 40 Jahre die Arbeit dieser Agenten, die dem Kampf für die sozialistische Weltrevolution ungeahnte Schäden zugefügt hatten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

Am 20. August 1940 wurde Leo Trotzki in Mexiko-Stadt ermordet. Dieses Attentat war der Höhepunkt des Terrors, den das stalinistische Regime in der Sowjetunion entfesselte. Er richtete sich gegen die gesamte Generation marxistischer Politiker, Arbeiter und Intellektueller, die 1917 die Oktoberrevolution angeführt und in Russland den Kapitalismus gestürzt hatten. Der Mord an Trotzki, dem herausragendsten Vertreter dieser Generation, versetzte der internationalen sozialistischen Bewegung einen verheerenden Schlag. Seine Folgen für das politische Bewusstsein und die Orientierung der Arbeiterklasse und somit für die Möglichkeit einer sozialistischen Revolution wirkten jahrzehntelang nach. Aus diesem Grund zählt der Mord an Trotzki zu den folgenreichsten und schlimmsten politischen Verbrechen des 20. Jahrhunderts.

Schon Monate vor dem Anschlag hatte sich Ramón Mercader (alias Frank Jacson), ein Agent der stalinistischen Geheimpolizei GPU, in Trotzkis gesichertes Anwesen in Mexiko-Stadt eingeschlichen. Dort lebte der Führer der Russischen Revolution seit Januar 1937 im Exil. Am Tag des Anschlags betrat Mercader das Gelände und traf Trotzki allein in seinem Büro an. Dort zog er einen Eispickel unter seinem Regenmantel hervor und schlug Trotzki nieder. Der Revolutionär starb am nächsten Tag im Alter von sechzig Jahren.

Obwohl die Kremlbürokratie und ihr internationales Syndikat politischer Lakaien versuchten, die Identität des Attentäters und seiner Auftraggeber zu verschleiern, stand Stalins Urheberschaft außer Zweifel. So stellte die trotzkistische Bewegung auf der Titelseite des »Militant«, der Zeitung der Socialist Workers Party (SWP), sofort Stalin und seine globale Mordoperation an den Pranger. In den Jahren zuvor war es demselben Agentennetzwerk gelungen, einen bedeutenden Teil der Führung der Vierten Internationale zu töten. Zu seinen Opfern zählten Leo Sedow, Trotzkis ältester Sohn und Leiter der Vierten Internationale in Europa, Rudolf Klement, Sekretär der Vierten Internationale, und Erwin Wolf, ein Sekretär Trotzkis. Die Stalinisten ermordeten außerdem Ignaz Reiss, einen Abtrünnigen der GPU, der sich zur Vierten Internationale bekannt hatte. Alle diese Mordanschläge gingen von einem weltweiten Agentennetz aus, dessen Ziel die Liquidierung Trotzkis und der trotzkistischen Bewegung war.

Auch in den Wochen und Jahren nach Trotzkis Ermordung waren zahlreiche Agenten weiterhin innerhalb der SWP aktiv. Sie operierten im Auftrag sowohl der stalinistischen Geheimpolizei als auch des amerikanischen Staats. Sie stahlen Parteidokumente und übermittelten ihren Auftraggebern Details wie Namen und Adressen von Mitgliedern, Informationen darüber, wo diese arbeiteten und ob sie Kinder hatten, wie auch Details über die Parteifinanzen, interne politische Konflikte und die internationale Korrespondenz.

Das furchtbare Verbrechen hatte umso schlimmere Aus­wirkungen, als es 35 Jahre lang so gut wie unerforscht blieb. Über fast die Hälfte der Zeitspanne, die seit dem Mord an Trotzki bis heute vergangen ist, war praktisch nichts darüber bekannt, wie die GPU das Attentat bewerkstelligt hatte. Weitgehend unbekannt war auch die Art und Weise, wie die Agenten im Auftrag sowohl der GPU wie auch des US-amerikanischen Staats die Socialist Workers Party und die Vierte Internationale ausspionierten.

Im Mai 1975 leitete das Internationale Komitee der Vierten Internationale die erste umfassende Untersuchung des Attentats von 1940 ein. Unter dem Titel Sicherheit und die Vierte Internationale veröffentlichte es in den darauffolgenden zehn Jahren die Ergebnisse seiner Untersuchung. Immer neue Einzelheiten kamen ans Licht. Die Hauptverantwortung für den Schutz Trotzkis in Coyoacán und für das katastrophale Versagen der Sicherheitsmaßnahmen lag bei der Socialist Workers Party (SWP). Und doch hatte sie über die Jahrzehnte hinweg darauf verzichtet, den Mord zu untersuchen. Wie sich zeigte, war dies nicht dem Mangel an Ressourcen geschuldet. Die SWP war von Agenten der stalinistischen Geheimpolizei durchsetzt, die jede Untersuchung sabotierten. Unter diesen Agenten sind vor allem Joseph Hansen und Sylvia Franklin (geborene Callen, Parteiname Sylvia Caldwell) zu nennen. Ihre Machenschaften stehen im Mittelpunkt dieses Bands.

In einem Dokument von 1981, das im Namen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale verfasst wurde, erklärte David North die historische Bedeutung der Untersuchung:

Sie ist sowohl die Fortsetzung als auch der Höhepunkt von Trotzkis Kampf. Der Mann, der mit Lenin gemeinsam die Oktoberrevolution von 1917 geführt und die Vierte Internationale gegründet hatte, wollte die Verbrechen des Stalinismus aufdecken und die internationale Arbeiterbewegung ein für alle Mal von dessen konterrevolutionärer Hinterlassenschaft befreien …

Wenn man von Sicherheit und die Vierte Internationale als einer »Untersuchung« spricht, muss man verstehen, dass dieses Wort den politischen und historischen Inhalt des Kampfs, den das Internationale Komitee seit sechs Jahren führt, nur zum Teil erfasst. Wie schon Trotzkis Entlarvung der Moskauer Prozesse von 1936 – 1938 ist auch dieser Kampf der höchste und bewussteste Ausdruck der objektiven Bewegung der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie und alle ihre Organe. [1]

Die Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale war von bemerkenswerter Breite und Tiefe. Sie beruhte auf einer investigativen Arbeit von enormem Umfang, die sich über mehrere Kontinente erstreckte und Hunderte Stunden Interviews und Tausende Seiten historischer Dokumente umfasste.

Zum ersten Mal stellte die trotzkistische Bewegung eine systematische Untersuchung darüber an, wie sie von Agenten der GPU und der US-Regierung infiltriert worden war. Wenn die Fragen, die dabei gestellt wurden, einige Jahrzehnte früher aufgeworfen und beantwortet worden wären, hätte erheblicher Schaden von der Bewegung und ihren Mitgliedern abgewendet werden können.

Die Untersuchung war ein politischer Kampf, denn sie musste unter dem Beschuss eines internationalen Netzwerks der Stalinisten und ihrer politischen Verbündeten geführt werden. Diese reagierten auf Sicherheit und die Vierte Internationale mit erbitterter Feindschaft.

Das IKVI wusste, dass es für die Angriffe auf Sicherheit und die Vierte Internationale politische Gründe geben musste. In den Augen der Pablisten (einer internationalen Tendenz von Ex-Trotzkisten, die in ihrer Politik vor dem Stalinismus kapituliert hatten) war es ein unverzeihliches »Verbrechen«, dass das IKVI Dokumente ans Licht brachte, welche die Rolle der stalinistischen Geheimpolizei bei der Destabilisierung der trotzkistischen Bewegung und der Ermordung ihrer Führung entlarvten.

In ihrer Perspektivresolution von 1978 ging die Workers League auf die noch laufende Untersuchung ein. (Die Workers League war 1966 von den Trotzkisten in den USA gegründet worden, nachdem diese aus der SWP ausgeschlossen worden waren.) Mit folgenden Worten bewertete sie die politischen und historischen Errungenschaften der Untersuchung:

Durch Sicherheit und die Vierte Internationale haben die Vierte Internationale und das Internationale Komitee nichts Geringeres erreicht als die Wiederherstellung der historischen Kontinuität des Bolschewismus, die damit dem Griff der stalinistischen Konterrevolution und Fälschung entwunden wurde. Alle Lügen, Verdrehungen und Verbrechen des Stalinismus gegen den Trotzkismus, der den Kampf für einen Welt-Oktober verkörpert, all die ungeheuerlichen Taten, die Generationen von Arbeitern über die wahre Geschichte der Oktoberrevolution und die Rolle Trotzkis verwirren und desorientieren sollten – ihnen allen wurde ein gewaltiger Schlag versetzt, von dem sich der Stalinismus und alle Agenturen der imperialistischen Konterrevolution nie wieder erholen werden. [2]

Diese Einschätzung hat sich bestätigt. Das stalinistische Regime, das einst über ein Sechstel der Erdoberfläche herrschte, existiert heute nicht mehr. Die Kommunistischen Parteien, die einst Hunderte Millionen Mitglieder hatten und weltweit die Arbeiterorganisationen dominierten, sind zusammengebrochen.

Ein Vierteljahrhundert nach der Auflösung der Sowjetunion nimmt das Interesse der Bevölkerung am Sozialismus auf der ganzen Welt zu. Unter jungen Menschen in den USA und in Europa ist er populärer als der Kapitalismus. Aber gerade in Zeiten eines neuen Aufschwungs kommt der politischen Ausbildung von Arbeitern und Jugendlichen in historischen Fragen besonders große Bedeutung zu. Die Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale liefert nicht nur wichtige historische Informationen über die Verbrechen gegen die trotzkistische Bewegung. Sie erklärt auch die entscheidende Bedeutung aller Fragen der politischen Sicherheit angesichts der Bedrohung durch den Staat und seine repressiven Polizei- und Nachrichtendienste.

Die Notwendigkeit, gegenüber staatlicher Unterwanderung und Provokationen wachsam zu sein, ergibt sich aus den politischen Gegebenheiten unserer Zeit. Wir leben in einer Periode von Massenüberwachung, gezielten Morden, ständigen Kriegen, Massenabschiebungen, Polizeimorden und CIA-Folter. Wie denkende Arbeiter sehr wohl wissen, hängt für die Arbeiterbewegung alles davon ab, dass sie politisch und faktisch von staatlichen Agenten unabhängig bleibt. Das ist für das Schicksal der sozialistischen Revolution eine Überlebensfrage.

Die Texte in diesem Buch behandeln zwei entscheidende und miteinander verbundene Themen der Geschichte der Vierten Internationale.

Der erste Essay, »Der Smith-Act-Prozess und die staatliche Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung«, stützt sich zum einen auf Informationen aus dem wertvollen Buch »Trotskyists on Trial: Free Speech and Political Persecution Since the Age of FDR« von Donna T. Haverty-Stacke und zum anderen auf eine unabhängige Untersuchung durch die »World Socialist Web Site«, in deren Verlauf Tausende Seiten von Gerichtsprotokollen, Archivmaterial und bisher nicht verfügbaren FBI-Aufzeichnungen durchforstet wurden. Sein Thema ist die Entscheidung der US-Regierung vor dem Zweiten Weltkrieg, 29 Mitglieder der amerikanischen trotzkistischen Bewegung wegen »Aufruhr« vor Gericht zu stellen.

Der zweite Artikel, »Eine ›vorbildliche Genossin‹: Sylvia Callen, stalinistische Agentin, 40 Jahre lang von der Socialist Workers Party (USA) gedeckt«, schildert den Kampf des IKVI für die Entlarvung dieser stalinistischen Agentin. Fast neun Jahre lang hatte Callen privilegierten und uneingeschränkten Zugang zu äußerst sensiblen Informationen der Partei. Selbst als die Socialist Workers Party schon wusste, dass Callen eine Agentin war, fuhr sie fort, ihre Rolle als Spionin innerhalb der trotzkistischen Bewegung zu vertuschen, und betrieb eine Verschleierung, die fast vierzig Jahre lang Bestand haben sollte.

Im Anhang enthält dieser Band den »Offenen Brief an Susan Weissman«, in dem David North dem verlogenen Versuch dieser langjährigen Verteidigerin Joseph Hansens entgegentritt, Sicherheit und die Vierte Internationale zu diskreditieren. Es sei darauf hingewiesen, dass Weissman, die seit Jahrzehnten eine komfortable Stellung im Wissenschaftsbetrieb innehat, bis heute keinen Versuch unternommen hat, auf Norths Enthüllung ihrer Geschichtsfälschung zu antworten.

Ohne die politische Unterstützung von David North, dem Nationalen Vorsitzenden der Socialist Equality Party, wären diese Texte nicht entstanden. North hat in der Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale eine führende Rolle gespielt. Ich danke auch Alan Gelfand und John Burton, mit denen ich über die Entwicklung und das Ergebnis des »Gelfand Case« sprechen konnte. In diesem Gerichtsprozess, den Gelfand (mit Burtons Hilfe, der ihn als Anwalt vertrat) gegen die SWP und die US-Regierung führte, wurden wichtige Dokumente entdeckt, die Sicherheit und die Vierte Internationale auf der ganzen Linie bestätigt haben. Abschließend danke ich Jeannie Cooper und Heather Jowsey für ihre unermüdliche Arbeit bei der Herausgabe dieses Buchs, ebenso wie Jim Brewer, der an der Zusammenstellung und Anordnung des Bildmaterials beteiligt war.

Eric London

Anmerkung zur deutschen Ausgabe:

Die Zitate aus englischsprachigen Quellen wurden, sofern nichts anderes angegeben ist, fur diese Ausgabe von der Übersetzerin ins Deutsche übertragen.

1 How the GPU Murdered Trotsky, London 1981, S. i.

2 Perspektivdokument der Workers League von 1978 (unveröffentlicht), S. 38.

Der Smith-Act-Prozess und die staatliche Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung

(Veröffentlicht in englischer Sprache auf der World Socialist Web Site am 8. und 9. Dezember 2016.)

Am 8. Dezember 1941 wurden 18 Trotzkisten zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie sich für den Sturz der US-Regierung eingesetzt hatten. Dieses Kapitel basiert auf Informationen aus dem Buch »Trotskyists on Trial: Free Speech and Political Persecution since the Age of FDR« [Trotzkisten vor Gericht. Redefreiheit und politische Verfolgung seit dem Zeitalter von Franklin Delano Roosevelt (FDR)] von Donna T. Haverty-Stacke. Darüber hinaus hat die »World Socialist Web Site« Tausende Seiten von Verhandlungsprotokollen, SWP-Archivmaterial und zuvor nicht verfügbare FBI-Unterlagen ausgewertet, die von Haverty-Stacke ans Licht gebracht wurden.

1941 leitete die Regierung Roosevelt einen der wichtigsten politischen Prozesse in der Geschichte der Vereinigten Staaten ein. Sie erhob Anklage gegen 29 Mitglieder der Socialist Workers Party (SWP) wegen Aufruhr und Verschwörung zum Sturz der Regierung. Am 27. Juni 1941 durchsuchten FBI-Agenten die Büros der Partei in Minneapolis. Kurz darauf berief die Staatsanwaltschaft eine Grand Jury ein. Am 27. Oktober 1941 begann das Verfahren vor einem Bundesgericht, das länger als einen Monat dauern sollte.

Die Socialist Workers Party war zum Zeitpunkt des Prozesses in politischer Solidarität mit der Vierten Internationale verbunden. Sie wurde strafrechtlich verfolgt, weil die Vereinigten Staaten ihren Eintritt in den Zweiten Weltkrieg in Europa und Ostasien vorbereiteten.

Die Angeklagten nutzten den Prozess, um die sozialistischen Prinzipien der Partei vor einem breiten Publikum zu verteidigen. Während der Vernehmung erklärten sie die Opposition der SWP gegen den imperialistischen Krieg und widerlegten den Versuch der Staatsanwaltschaft, die sozialistische Revolution als konspirativen Putsch darzustellen. Sie verhielten sich mutig und prinzipientreu, obwohl ihnen harte Gefängnisstrafen drohten. Die Mitschrift der eindrucksvollen Aussage des Nationalen Vorsitzenden der SWP, James P. Cannon, wurde von der SWP 1942 in der Broschüre »Socialism on Trial« [Der Sozialismus vor Gericht] veröffentlicht.

Am 1. Dezember 1941 befand die Jury 18 der Angeklagten für schuldig, gegen den neu erlassenen Smith Act verstoßen zu haben – ein Gesetz, unter dem eine »Verschwörung« zum Sturz der Regierung »unter Zwang und Gewalt« zum Kapitalverbrechen erklärt wurde. Die Jury empfahl allerdings ein mildes Urteil. Am 8. Dezember, einen Tag nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, verkündete der Richter den Schuldspruch und verurteilte die 18 Betroffenen zu Haftstrafen zwischen 12 und 16 Monaten. Am 22. November 1943 wies der Oberste Gerichtshof den Berufungsantrag gegen das Urteil ab. Im darauffolgen­den Monat stellten sich die Verurteilten den Bun­des­be­hörden und traten ihre Haft­stra­fen an. Präsident Roosevelt weigerte sich, sie zu begnadigen, obwohl diese Forderung in einer nationalen Kampagne von Tausenden Arbeitern und vielen prominenten In­tellek­tuellen und Anwälten un­ter­stützt wurde. Sechs der Ver­ur­teilten wurden nach zehn Monaten entlassen, den restlichen zwölf wurde im Januar 1945 nach mehr als einem Jahr Haft der Rest der Strafe erlassen.

Dieses bedeutende Ereignis in der Geschichte der sozialistischen Bewegung ist Gegenstand eines neuen Buchs mit dem Titel »Trotskyists on Trial: Free Speech and Political Persecution since the Age of FDR« [1]. Donna T. Haverty-Stacke, Professorin am Hunter College, ist ein bedeutendes Werk gelungen. Die Autorin hat nicht nur ein von der Wissenschaft ignoriertes Thema aufgegriffen, sondern auch 75 Jahre nach dem Prozess viele bisher unbekannte Details der Strafverfolgung und ihrer politischen und rechtlichen Implikationen ans Licht gebracht.

Haverty-Stacke hat eine sorgfältige Auswertung von zuvor nicht beachtetem oder nicht verfügbarem Archivmaterial des Justizministeriums und des Inlandgeheimdiensts Federal Bureau of Investigation (FBI) vorgenommen. Dieses Material blieb weitgehend unerforscht, da die bedeutende Rolle des Trotzkismus im politischen Leben der USA von der akademischen Forschung praktisch ignoriert wurde (mit der bemerkenswerten Ausnahme von Bryan Palmer, der eine Biografie von James P. Cannon und eine Geschichte des Generalstreiks in Minneapolis von 1934 verfasst hat).

Haverty-Stackes Buch liefert eine Fülle neuer Informationen über das Ausmaß der Infiltration der trotzkistischen Bewegung durch FBI-Agenten und Informanten. Sie zeigt auf, welche Diskussionen im Vorfeld des Prozesses innerhalb der Roosevelt-Regierung stattfanden. Immerhin war es die erste Anklage wegen Volksverhetzung in Friedenszeiten seit der Verabschiedung der vier diesbezüglichen Gesetze, der Alien and Sedition Acts, von 1798. Die Autorin erörtert die rechtlichen Fragen, die Behandlung des Berufungsantrags durch das zuständige Appellationsgericht des Bundes und die Bedeutung des Verfahrens als Präzedenzfall für weitere antikommunistische Prozesse in den 1940er und 1950er Jahren. Eingangs beleuchtet sie die Hintergründe des Verfahrens und den biografischen Werdegang der Angeklagten.

Die Auswahl der Angeklagten

Die Socialist Workers Party war eine starke Kraft innerhalb der amerikanischen Linken. Dies verdankte sie nicht nur ihrer Führerschaft in bedeutenden Streiks der 1930er Jahre, sondern auch und vor allem ihrer Identifikation mit den politischen Konzeptionen von Leo Trotzki. Als Führer der Oktoberrevolution von 1917 (zusammen mit Wladimir Lenin), als unerbittlicher Gegner der stalinistischen Degeneration der Sowjetunion und überdies als einer der größten Schriftsteller seiner Zeit war Trotzki auch im Exil eine wichtige Persönlichkeit der Weltpolitik. Selbst nach seiner Ermordung im August 1940 wurde der nachhaltige Einfluss seiner Ideen von seinen Feinden – den Stalinisten, den Faschisten und den »demokratischen« Imperialisten – gefürchtet. Zu den Letztgenannten gehörte in erster Linie die US-Regierung unter Präsident Franklin Delano Roosevelt.

Vierzehn der achtzehn SWP-Mitglieder, die nach dem Smith Act verurteilt wurden. Hintere Reihe, von links nach rechts: Farrell Dobbs, Harry DeBoer, Edward Palmquist, Clarence Hamel, Emil Hansen, Oscar Coover, Jake Cooper; vordere Reihe, von links nach rechts: Max Geldman, Felix Morrow, Albert Goldman, James Cannon, Vincent Dunne, Carl Skoglund, Grace Carlson, 1941

Die 29 Angeklagten setzten sich aus zwei Gruppen zusammen: Zum einen gehörten sie der Parteiführung aus dem nationalen Hauptquartier der SWP in New York City an, und zum anderen waren es SWP-Mitglieder aus Minneapolis, Minnesota, die Führungspositionen in der örtlichen Teamsters-Gewerkschaft, Local 544, innehatten.

Die erste Gruppe bestand aus langjährigen Führern der SWP, Berufsrevolutionären, deren Prinzipien in den Klassenkämpfen des frühen 20. Jahrhunderts geformt worden waren.

Unter ihnen hebt Haverty-Stacke vor allem James P. Cannon hervor, den Nationalen Vorsitzenden der SWP und Gründer des Trotzkismus in den Vereinigten Staaten. Cannon, geboren 1890 in Rosedale, Kansas, hatte auf dem Sechsten Kongress der Kommunistischen Internationale 1928 in Moskau Trotzkis Kritik an der stalinistischen Politik in die Hände bekommen. Zurück in den Vereinigten Staaten, erklärte er seine Übereinstimmung mit Trotzki. Nach seinem Ausschluss aus der Kommunistischen Partei gründete er die amerikanische Sektion der Linken Opposition und nahm Verbindung zu Trotzki auf.

James P. Cannon (Mitte) mit Max Eastman (links) und »Big« Bill Haywood (rechts) in der Sowjetunion, 1922

Felix Morrow, geboren 1906 in New York City, war Mitglied des Politischen Komitees der SWP und revolutionärer Journalist für die Parteipresse. Als Autor des Buchs »Revolution und Konterrevolution in Spanien« genoss er hohes Ansehen. Im Prozess hob die Staatsanwaltschaft Morrows Position in der Redaktion der theoretischen Zeitschrift »Fourth International« [Vierte Internationale] hervor.

Albert Goldman, eine weitere führende Figur in der SWP, war 1904 im Alter von sieben Jahren aus Weißrussland in die Vereinigten Staaten gekommen. Goldman war vor allem als Anwalt Leo Trotzkis bekannt. Er hatte Trotzki bei den Anhörungen der Dewey-Untersuchungskommission zu den stalinistischen Schauprozessen von 1937 vertreten. Die Anklage gegen diese drei Männer war für die Roosevelt-Regierung besonders wichtig, weil ihre politische und, im Falle von Cannon und Goldman, persönliche Beteiligung von zentraler Bedeutung war, um in Übereinstimmung mit dem Gesetz eine Verschwörung zum Sturz der Regierung nachzuweisen. Eine auffallende Auslassung auf der Liste der Angeklagten betraf Joseph Hansen, der drei Jahre lang, von 1937 bis 1940, als Sekretär Trotzkis tätig gewesen war. Sein Fehlen auf der Liste wird unten besprochen.

Albert Goldman berät Trotzki während einer Sitzung der Dewey-Kommission in Mexiko

Die zweite Gruppe der Angeklagten entstammte der SWP-Führung in Minneapolis. Dort hatte die Partei durch die Führung der Teamsters-Gewerkschaft die trotzkistische Bewegung zu einer einflussreichen politischen Kraft gemacht, die den Respekt von Tausenden Arbeitern genoss. Viele der trotzkistischen Angeklagten hatten persönlich den siegreichen Generalstreik der Lastwagenfahrer im Jahr 1934 in den Partnerstädten Minneapolis / Saint Paul angeführt und dabei 200 000 neue Gewerkschaftsmitglieder in den Staaten des Mittleren Westens gewonnen.

Haverty-Stacke beschreibt die Geschichte der kommunistischen Bewegung in der Region. Sie stellt fest, dass Minneapolis zu einem Zentrum der Unterstützung für die Linke Opposition wurde, nachdem die stalinistische Kommunistische Partei die Trotzkisten 1928 aus der Partei ausgeschlossen hatte: »Zusammen mit ihm [Cannon] gingen andere zukünftige Angeklagte des Smith Act in Minneapolis, einschließlich Vincent Dunne, Carl Skoglund und Oscar Coover.« [2]

Verhaftung von Vincent R. Dunne während einer Razzia der Nationalgarde im Streikbüro von Local 574 im Jahr 1934

In den Jahren nach dem Generalstreik versuchte die nationale Teamsters-Gewerkschaft unter der Führung des engen Roosevelt-Vertrauten Daniel Tobin vergeblich, die trotzkistische Führung von Local 544 (und seines Vorgängers Local 574) mithilfe von wüster antikommunistischer Propaganda abzusetzen.

Auch in den Wochen vor der Einleitung der Strafverfolgung durch die Regierung tobte im Local 544 ein Kampf um die Kontrolle über die Teamsters-Gewerkschaft von Minneapolis. Tobin und die Teamsters-Führung unternahmen einen neuen Versuch, die Trotzkisten zu vertreiben. Dies war zum Teil auf die Opposition der SWP gegen den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg zurückzuführen. Daraufhin stimmten Tausende von Lkw-Fahrern dafür, die American Federation of Labor (AFL) zu verlassen und ihren Ortsverband dem Congress of Industrial Organizations (CIO) einzugliedern.

Die Angeklagten aus Minneapolis hatten maßgeblich zum Austritt aus der AFL beigetragen. Einer von ihnen war Vincent Dunne. Neben ihm auf der Anklagebank saßen seine Brüder Miles und Grant. Alle drei hatten gemeinsam mit Carl Skoglund den Generalstreik angeführt. Grant konnte dem immensen Druck der Staatsanwaltschaft nicht standhalten und nahm sich am 4. Oktober 1941 das Leben.

Harry DeBoer war Lkw-Fahrer und wurde während des General­streiks von der Polizei angeschossen. Als führender Kader der SWP in Minneapolis besuchte er einige Jahre später Trotzki in Mexiko-Stadt.

Grace Carlson war im Sozialwesen beschäftigt. Die ehemalige Professorin an der University of Minnesota hatte 1940 mit einem Antikriegsprogramm als Kandidatin der Partei für den US-Senat über 8500 Stimmen erhalten.

Jake Cooper, ebenfalls aus Minneapolis, diente 1940 vier Monate lang als Trotzkis Wache in Coyoacán.

Farrell Dobbs, ein ehemaliger Bergmann, wurde 1939 zum Nationalen Sekretär der SWP für Gewerkschaftsfragen ernannt, nachdem er Streiks mit Tausenden von Lkw-Fahrern im Mittleren Westen organisiert hatte. Weitere Angeklagte aus Minneapolis, die letztendlich verurteilt wurden, waren Max Geldman, Clarence Hamel, Emil Hansen, Carlos Hudson, Karl Kuehn, Edward Palmquist und Oscar Schoenfeld.

Die Redaktion der Parteizeitschrift »Fourth International« schrieb im Juli 1941, nachdem die Liste der Angeklagten veröffentlicht worden war: »Ja, es liegt eine tiefe Logik darin, dass diese Verfolgungen und Anklagen vom Gestapo-FBI gerade jetzt, gerade hier und gerade gegen diese handverlesenen Opfer eingeleitet werden.« [3]

Diese Logik entfaltete sich auch vor Gericht. Die Anklage legte Beweise für die enge Verbindung mehrerer Angeklagter zu Leo Trotzki vor. Die Besuche von Cooper, DeBoer, Vincent Dunne, Cannon und Dobbs in Mexiko wurden als Beweis für eine staatsfeindliche Verschwörung präsentiert, ebenso Goldmans enge Beziehung zu Trotzki in den Jahren vor dem Prozess. Die Regierung hatte jedes »handverlesene Opfer« speziell zu dem Zweck ausgewählt, zu beweisen, dass eine verschwörerische Verbindung zwischen Trotzki und der mutmaßlichen Vorbereitung einer sozialen Revolution durch die SWP bestand.

Der Smith Act

Den 29 Angeklagten wurden zwei Straftaten vorgeworfen. Der erste Anklagepunkt bezog sich auf »rechtswidrige Verschwörung vom und vor dem 18. Juli 1938 bis zum Datum der Anklageschrift [23. Juni 1941] … zur gewaltsamen Zerstörung der Regierung der Vereinigten Staaten« unter Verstoß gegen eine strafrechtliche Bestimmung (18 US Code Section 6) aus der Bürgerkriegszeit, die dazu diente, die Rebellion der Sklavenhalter zu unterdrücken. [4]

Der zweite Anklagepunkt besagte, dass die Angeklagten »bewusst zu Ungehorsam in den Streitkräften aufgerufen und Literatur mit gleichem Zweck verbreitet« hätten. Sie hätten »wissentlich, vor­sätz­lich und aktiv die Pflicht, Notwendigkeit, Zweck­mäßigkeit und Ange­mes­sen­heit des Sturzes und der Zer­stö­rung der Re­gie­rung der Ver­ei­nig­ten Staaten durch Ge­walt und Ge­walt­taten befür­wor­tet, un­ter­stützt, em­pfoh­len und ge­lehrt«. Dies stel­le einen Ver­stoß gegen den Alien Registration Act dar, ein Gesetz aus dem Jahr 1940, das nach seinem Ur­he­ber, dem Kongressabgeordneten Howard Smith (Demokrat aus Virginia), auch als »Smith Act« bezeichnet wird. [5]

Haverty-Stacke beschreibt ausführlich die antikommunistischen Vorgänger des Smith Act, von den Gesetzen gegen »kriminelle Vereinigungen« der »Red Scare«-Ära nach dem Ersten Weltkrieg bis hin zur Gründung des House Committee Investigating Un-American Activities [Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe] im Jahre 1938 durch den demokratischen Kongressabgeordneten Martin Dies aus Texas.

Laut den Abschnitten des Smith Act zur Volksverhetzung war es ein Verbrechen, den Sturz der US-Regierung zu befürworten, entsprechend zu schreiben oder sich zu organisieren. Dies konnte mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren geahndet werden. Die Abschnitte über Einwanderung verlangten die sofortige Registrierung von 5 Millionen Immigranten, von denen 900 000 kurz darauf als »feindliche Ausländer« eingestuft wurden, die interniert und/oder sofort abgeschoben werden mussten. Dieses Gesetz, das zur Verfolgung von Sozialisten und Kommunisten diente, wurde während des Kriegs auch auf 120 000 Amerikaner japanischer Abstammung an der Westküste angewandt. Im Gegensatz zur Darstellung Roosevelts als Verteidiger demokratischer Rechte trieb er die Intensivierung repressiver, polizeilicher Maßnahmen maßgeblich voran.

Die Kommunistische Partei, die ihre politischen Anweisungen von Moskau und der sowjetischen Geheimpolizei (dem NKWD / der GPU) erhielt, unterstützte die Verfolgung der Trotzkisten durch den Smith Act ohne jede Vorbehalte, wie sie später auch die Internierung von Amerikanern japanischer Abstammung unterstützte. KP-Chef Milton Howard rechtfertigte die Verfolgung der »faschistischen fünften Kolonne« mit der Begründung, dass die Angeklagten »nicht mehr Unterstützung von Arbeitern und Freunden der nationalen Sicherheit verdienen als die Nazis«. [6] In Minneapolis riet der stalinistische Funktionär Robert Minor bei einer Rede, die Roosevelt-Regierung solle im Umgang mit den amerikanischen Trotzkisten dem Beispiel folgen, das Moskau [während des Großen Terrors von 1936 – 1939] gegeben habe. [7]

Die Verabschiedung des Smith Act markierte eine drastische Ausweitung der Überwachungsbefugnisse des Staats gegenüber sozialistischen Gruppen, die in den Vereinigten Staaten tätig waren. Haverty-Stacke weist darauf hin, dass im Jahr 1939, »drei Tage, bevor das Repräsentantenhaus das Gesetz H. R. 5138, das heute als Alien Registration Bill bekannt ist, an den Senat überwies, Präsident Roosevelt einen geheimen Befehl erließ, ›der alle inländischen Ermittlungen [von Spionage, Gegenspionage und Sabotage] in die Hände des FBI bzw. seiner Military Intelligence Division und des Office of Naval Intelligence legte‹, mit dem FBI als zentraler Koordinierungsstelle«. [8]

Howard W. Smith, Kongressabgeordneter der Demokraten aus Virginia

Bereits 1936 schickte FBI-Direktor J. Edgar Hoover an Präsident Roosevelt Berichte über »inländische Subversive«, zu denen auch die trotzkistische Führung gehörte. [9] Hoover setzte den Präsidenten kontinuierlich unter Druck, um die Vollmacht zur Intensivierung der Überwachung durch seine Behörde zu erhalten. Roosevelt unterzeichnete den Gesetzentwurf am 29. Juni 1940. Haverty-Stacke schreibt, dass die Infiltration der SWP durch das FBI zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits weit fortgeschritten war: »Ende 1939 wurden sowohl das Teamsters-Local 544 in Minneapolis als auch die Socialist Workers Party mit Sitz in New York Zielobjekt der Untersuchungen des Bureaus.« [10]

Die Entscheidung zur Strafverfolgung

Als sich die USA aktiv auf den Kriegseintritt vorbereiteten, stand Roosevelt vor der Herausforderung, die Klassendisziplin durchzusetzen, die für den Kriegseinsatz erforderlich war. In den vorangegangenen 22 Monaten hatte sich die stalinistische Kommunistische Partei der Vereinigten Staaten von Amerika (KPUSA) im Einklang mit dem Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 gegen die Beteiligung der USA am Krieg in Europa ausgesprochen. Aber mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 schwenkte die KP von Opposition gegen den Kriegseintritt der USA zur vollen Unterstützung der Kriegsanstrengungen der Roosevelt-Regierung um. Die Stalinisten setzten sofort ihren Apparat ein, um die Arbeiterklasse im Zaum zu halten und einen landesweiten Streikverzicht durchzusetzen.

Die Entscheidung der Regierung Roosevelt, die Trotzkisten juristisch zu verfolgen, fiel am 23. Juni 1941, einen Tag nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion. Nachdem die KPUSA zur Unterstützung des Kriegs übergegangen war, wurde die SWP zur bedeutendsten sozialistischen Antikriegspartei in den Vereinigten Staaten. Entsprechend befürchtete die Roosevelt-Regierung, dass sie aufgrund ihrer prinzipientreuen Opposition ge­gen den imper­ialistischen Krieg zu einem Anziehungs­punkt für die Antikriegs­stim­mung in der amerikanischen Ar­bei­ter­klasse werden könnte.

Die Entscheidung zur Strafverfolgung war das Ergebnis einer monatelangen intensiven Diskussion auf den höchsten Ebenen des Justizministeriums und des FBI. Haverty-Stacke untersucht die umstrittenen rechtlichen und politischen Probleme, mit denen die Regierung konfrontiert war.

SWP prangert Verfolgung durch die »amerika­nische Gestapo« an

FBI-Direktor J. Edgar Hoover

Hoover war ein früher Verfechter der Strafverfolgung. Aber für das Justizministerium und Roosevelt selbst war sie mit einer Reihe von Risiken verbunden. Führende Beamte wie Generalstaatsanwalt Francis Biddle befürchteten, dass die Strafverfolgung eine breite Opposition erzeugen, die SWP mobilisieren und die liberale Basis der Roosevelt-Regierung abschrecken könnte.

Im Juni 1941 versuchte Hoover, Roosevelt unter Druck zu setzen. Er behauptete, dass die Socialist Workers Party im Falle des Kriegseintritts der USA »den Materialfluss zwischen Unternehmen mit Rüstungsverträgen zur Landesverteidigung zum Stillstand bringen« könnte. [11] Im selben Monat erklärten die Staatsanwälte Victor Anderson und Wendell Berge ihre Unterstützung für die Strafverfolgung. [12] Am 12. Juni 1941 schickte Teamsters-Präsident Tobin ein Telegramm an Roosevelt mit der Aufforderung zur Strafverfolgung. Haverty-Stacke schreibt: »Tobin argumentierte, dass die Trotzkisten, denen es gelungen war, Lkw-Fahrer in den Zentralstaaten zu organisieren, in der Lage waren, die kommerziellen Verkehrsnetze der Nation zu stören, und, wenn sie die Kriegskrise nutzten, die Regierung stürzen und einen sozialistischen Staat gründen könnten.« [13]

Die SWP vertrat während des Prozesses und in seiner Folgezeit die Auffassung, dass Roosevelt aufgrund des Tobin-Telegramms vom 12. Juni beschlossen habe, die SWP zu verfolgen. Aber das stimmte nur teilweise. Haverty-Stacke erklärt:

Wegen dieses Telegramms wurde Tobin beschuldigt, die Kette der Ereignisse in Gang gesetzt zu haben, die zur Verhaftung von 29 Mitgliedern der SWP und von Local 544 führte. Zum Zeitpunkt dieser Verhaftungen und während des Prozesses argumentierte die Verteidigung, dass Tobin einen politischen Gefallen von Roosevelt einforderte, dass der Präsident in einen internen Gewerkschaftsstreit eingriff und somit die erste Verfolgung unter dem Smith Act einleitete. Dieses Argument der »politischen Schuld« hat in der begrenzten wissenschaftlichen Literatur zu diesem Fall in unterschiedlichem Maße überlebt und die gängige Erinnerung an die Strafverfolgung innerhalb der SWP geprägt. Das Justizministerium hatte jedoch bereits im April 1941 ernsthaft über eine solche Verfolgung nachgedacht, basierend auf der unabhängigen Untersuchung des FBI, die bis in den Herbst 1940 zurückreicht. [14] (Hervorhebung hinzugefügt)

Letztendlich, so Haverty-Stacke, unternahm Francis Biddle »den Schritt in diesem Fall weitgehend wegen der Informationen, die er vom FBI erhielt«. [15]

Die zentrale Bedeutung von Leo Trotzki für die Sache der Staatsanwaltschaft

Haverty-Stacke konzentriert sich in ihrem Buch nicht auf dieses Thema, doch die Auswertung der Gerichtsakte durch die »World Socialist Web Site« ergab, dass sich die Staatsanwaltschaft auf den Nachweis einer Verbindung zwischen den angeklagten SWP-Mitgliedern und Leo Trotzki konzentrierte. Dies wurde zur entscheidenden Rechtsfrage, um die sich der gesamte Fall drehte. Nach dieser Theorie war Trotzki der Architekt, Ausbilder und Leiter der Aktivitäten der SWP in Minneapolis und im ganzen Land. So zentral war Trotzki für die Sache der Staatsanwaltschaft, dass er in der Grand Jury als Mitverschwörer aufgeführt wurde, obwohl er im August des Vorjahres ermordet worden war.

Die erfahrenen Anwälte des Justizministeriums, die sich bewusst waren, dass ein Urteil von »nicht schuldig« in beiden Anklagepunkten eine immense Peinlichkeit für die Regierung bedeutet hätte, legten eine Strategie zur Sicherstellung eines Schuldspruchs fest. Ihre Darstellung des Falls zielte darauf ab, den Zusammenhang zwischen Trotzki und den Angeklagten der SWP aufzuzeigen.

Die Anwälte des Staats suchten Beweise aller Art, die den Schluss zuließen, dass die Angeklagten Trotzki getroffen oder mit ihm korrespondiert hatten oder nach Mexiko-Stadt gereist waren. Sie führten Belege für noch so geringe Verbindungen zwischen der SWP und Trotzki an, um ihre Theorie zu erhärten.

In der Eröffnungsrede der Anklage machten die Staatsanwälte geltend, dass die SWP

… ein Instrument war, das von einem Mann namens Leo Trotzki geformt wurde, der im August 1940 verschied und sich zum Zeitpunkt seines Ablebens, wie ich meine, im Exil in der Republik Mexiko aufhielt, und dass diese Partei die Trotzki-Partei war, bzw. dass die Partei sich der Verwirklichung der Ideen und Pläne und Ansichten Leo Trotzkis in Bezug auf die Errichtung einer Regierung auf dieser Erde verschrieben hatte, wie sie sich insbesondere auf die Vereinigten Staaten von Amerika beziehen, und dass das Programm dieser Partei bzw. die grundlegenden Ideen dieser Partei den Ansichten Leo Trotzkis und seines Zeitgenossen entsprachen, des ersten Regierungschefs der Sowjetunion, W. I. Lenin, und dass ihre Philosophie darin bestand, eine Lösung all ihrer Probleme durch die Errichtung eines Arbeiterstaats zu erreichen … und dass die Angeklagten oder eine große Anzahl von ihnen, mit dem Wissen all dieser Angeklagten hier vor Gericht, Reisen zu Leo Trotzki in Mexiko unternahmen, um von Zeit zu Zeit seinen Rat und seine Anweisungen einzuholen, nicht nur zur Einrichtung einer persönlichen Leibwache und zum Schutz Leo Trotzkis, d. h. zu seiner persönlichen Sicherheit, sondern auch, um Leo Trotzki und seine Aktivitäten zu unterstützen, während er bis zum Zeitpunkt seiner Ermordung am Rande von Mexiko-Stadt in Mexiko lebte, und dass diese Ideen Leo Trotzkis auch die Ideen der Socialist Workers Party sind, zu denen sich, wie die Beweise in diesem Fall zeigen werden, alle Angeklagten des Gerichtsverfahrens ausdrücklich und eindeutig bekennen. [16]

»The Militant«: »Das gilt dem FBI als ›Beweis‹«

Schon ein einziger Besuch bei Trotzki in Coyoacán wurde von den Staatsanwälten als Beweis für eine Verschwörung präsentiert. Sie gingen dabei derart dreist vor, dass der SWP-Anwalt und Mitangeklagte Albert Goldman juristische Einwände dagegen erhob, dass sich die Staatsanwaltschaft bei ihrer Beweisführung in unverhältnismäßiger Weise auf Besuche von SWP-Mitgliedern in Mexiko stützte. Die Regierung, so erklärte Goldman, wolle den Anschein erwecken, dass allein ein Besuch bei Trotzki schon ein verschwörerischer Akt sei. Staatsanwalt Henry A. Schweinhaut antwortete darauf:

Ich bin mir sicher, dass das Gesetz, wie der Anwalt weiß, in Bezug auf eine Verschwörung besagt, dass eine Verschwörung nicht allein durch eine illegale Handlung vollzogen werden kann, sondern beispielsweise auch durch legale Handlungen für einen illegalen Zweck. Die Beweisführung hier hat bereits gezeigt, und es wird sich wieder zeigen, dass diese Männer an Trotzki als ihrem Führer festhielten. Daher ist es wichtig, die persönliche Verbindung der Angeklagten zu Trotzki aufzuzeigen, und dabei kann aufgedeckt werden, welcher Art die Verbindung war. [17]

Insbesondere versuchte die Anklage zu belegen, dass Trotzki zwei der »konspirativen« Strategien der SWP ausgearbeitet hatte – die proletarische Militärpolitik und die Gründung der Union Defense Guard, eines 600 Mann starken Verbands zur Verteidigung militanter Gewerkschaften.

Die von Trotzki entwickelte proletarische Militärpolitik wurde in den Jahren vor seiner Ermordung im August 1940 durch persönliche Treffen und ausführliche Korrespondenz mit der SWP-Führung erörtert. [18] Die Bildung der Union Defense Guard wurde von Trotzki angeregt, um Arbeiter und Sozialisten vor Angriffen durch faschistische paramilitärische Organisationen zu schützen, die eine Präsenz in Minneapolis aufgebaut hatten.

Die Theorie der Anklage stützte sich darauf zu zeigen, (a) dass es solche Programme gab und dass sie von der SWP in Minneapolis umgesetzt wurden, (b) dass sie von Trotzki konzipiert wurden und (c) dass Trotzkis Vorschläge der SWP durch persönliche Kommunikation mit mehreren der Angeklagten übermittelt wurden. Die Staatsanwälte verbrachten Wochen im Prozess damit, Beweise vorzutragen, die in monatelangen Untersuchungen gesammelt worden waren, um jedes einzelne Bindeglied nachzuweisen.

Das bisher unbekannte Ausmaß der staatlichen Unterwanderung der SWP

Haverty-Stackes Buch enthüllt, dass das FBI 1940 bereits umfangreiche Kenntnisse über die Aktivitäten der SWP besaß und hochkarätige Informanten in der New Yorker Parteizentrale hatte.

Die Bespitzelung der trotzkistischen Bewegung hatte Mitte der 1930er Jahre eingesetzt, als das FBI begann, bestimmte Parteiführer zu überwachen. Haverty-Stacke bemerkt: »Die Trotzkisten stellten fest, dass sie sowohl auf der SDU-Liste [19] als auch der Vorschlagsliste für FBI-Haftanstalten standen. Einige der ›18‹ waren von Hoover bereits vor ihrer Strafverfolgung in die gefährlichste Gruppe – ›A1‹ – eingestuft worden.« [20]

Ende 1939 hatte das FBI, wie Haverty-Stacke feststellt, bereits die SWP in Minneapolis und New York ins Visier genommen. Aber selbst im Folgejahr war die Infiltration noch auf eher primitivem Niveau. Im April 1940 ging das FBI dazu über, einen Hausmeister in einem Veranstaltungszentrum in Chicago zu bezahlen, um Informationen über Delegierte des SWP-Parteitags aus Mülltonnen zu fischen.

Der Angeklagte Harold DeBoer (links) und James Bartlett (rechts), ein ehemaliges SWP-Mitglied, das sich später als Informant erwies, bei Trotzki in Mexiko

In dieser Zeit, so Haverty-Stacke, gab es zwei wesentliche Elemente der staatlichen Unterwanderung. Erstens warb die Regierung Informanten in einer Minderheitsfraktion von Local 574 /544 an, die aus antikommunistischen Gründen gegen die trotzkistische Führung opponierte. James Bartlett, der Hauptzeuge der Regierung vor Gericht, repräsentierte dieses reaktionäre Element. Zweitens stützte die Regierung ihr Infiltrationsprogramm auf die Anwerbung von Informanten aus der SWP.

Laut Haverty-Stacke versuchte das FBI, Agenten in der SWP-Führung zu gewinnen. In den Monaten vor der Entscheidung der Roosevelt-Regierung über die Strafverfolgung bemühte sich der Geheimdienst, SWP-Führungskräfte zu kontaktieren und anzuwerben.

Der FBI-Informant Henry Harris wurde nach eigener Aussage Anfang 1941 vom FBI-Agenten Thomas Perrin gebeten, ein entsprechendes Angebot an den SWP-Angeklagten Carl Skoglund zu übermitteln. [21] Skoglund, ein in Schweden geborener Sozialist, lebte ohne ordnungsgemäße Einwanderungspapiere in den USA. Das FBI-Angebot für Skoglund sah im Gegenzug für die Lieferung von Informationen Straffreiheit und eine dauerhafte Lösung seiner Einwanderungsprobleme vor. Skoglund lehnte ab. Ein zentrales Element der Infiltration des FBI war es, den Schlüsselfiguren als Anreiz »Straffreiheit« anzubieten, wenn sie sich im Interesse der Strafverfolgung als Informanten zur Verfügung stellen würden. [22]

Der FBI-Agent Roy Noonan sagte aus, dass das FBI im Herbst 1940 eine wichtige neue Informationsquelle erhielt. Noonan hatte die Rolle des leitenden Ermittlers inne. Er war mit der Leitung der Beweisaufnahme gegen die SWP in Minnesota beauftragt.

Staatsanwalt Henry A. Schweinhaut und SWP-Rechtsanwalt Albert Goldman befragten den Agenten Noonan. Noonan erklärte, dass das FBI bis 1941 »mehrere Untersuchungen der Socialist Workers Party für die vergangenen Jahre in seinen Akten hatte«. [23]

Schweinhaut fragte Noonan, wann das FBI mit der Untersuchung der SWP-Beschuldigten begann, und Noonan antwortete: »[Wir] hatten in den letzten Jahren mehrere davon in unseren Akten, aber in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 zwei oder drei speziell.« [24] (Hervorhebung hinzugefügt)

Im Kreuzverhör kam es zu folgendem Wortwechsel zwischen Goldman und Noonan:

Goldman: Und wie lange vorher hatte die Untersuchung nach Ihrer Kenntnis begonnen?

Noonan: Ich weiß, dass die Untersuchung im Februar und März [1941] durchgeführt wurde, und ich weiß, dass wir schon lange vorher Informationen über einige der Angeklagten hatten.

Goldman: Wie lange vorher?

Noonan: Ich weiß, dass wir sie im November 1940 hatten. [25]

Das Datum November 1940 entspricht der Feststellung von Haverty-Stacke, dass die Entscheidung zur Strafverfolgung »auf der Grundlage der unabhängigen Untersuchung des FBI vom Herbst 1940« erfolgte. [26]

Nachdem das FBI im November 1940 in größerem Umfang Informationen über die künftigen Angeklagten erhalten hatte, konnte es sein Unterwanderungsnetz stark ausweiten. Noonan sagte vor Gericht aus, dass die Überwachung »im Februar und März dieses Jahres [1941] intensiviert wurde«. [27]

Kürzlich freigegebener Schriftverkehr des FBI zeigt, dass das Unterwanderungsnetz von November 1940 bis Mitte 1941 qualitativ weiterentwickelt wurde. Die FBI-Akten enthalten Dutzende Berichte von Agenten in Omaha, Kansas City, St. Louis, Minneapolis, Seattle, Los Angeles, Mississippi, New York, New Jersey und anderen Orten, die Zitate von vertraulichen Informanten enthalten. In den FBI-Akten aus dem Jahr 1941 finden sich Abschriften von Ortsverbandstreffen und vollständige Abonnementlisten der Parteipresse. Das FBI wusste, wie viel Geld jeder Ortsverband sammelte und wann er Treffen abhielt. Das FBI verfügte über die vollständigen Terminpläne nationaler Vortragsreisen, bevor sie öffentlich angekündigt wurden, sowie über Protokolle der Sitzungen des Politischen Komitees. Es wusste genau, wer für ein Amt in welches nationale Gremium, einschließlich der Kontrollkommission, gewählt wurde. Außerdem lagen dem FBI umfangreiche Informationen über ausländische Anhänger der Vierten Internationale vor, was auf einen hohen Grad an Infiltration der New Yorker Parteizentrale schließen lässt.

»Bis zum Frühjahr 1941«, schreibt Haverty-Stacke, »war die Untersuchung somit über die Teamsters in Minneapolis hinaus erweitert worden, um sie mit den bestehenden Untersuchungen nationaler SWP-Führungskräfte in New York zusammenzuführen«. [28] Zu diesem Zeitpunkt verblieben die »zwei aktivsten Ortsverbände [der Partei in Minneapolis und New York] unter starker FBI-Überwachung, durchsetzt mit gut platzierten Informanten«. [29] (Hervorhebung hinzugefügt) Laut Haverty-Stacke »hat das FBI vor allem die nationale Zentrale der SWP in New York sehr genau beobachtet«. [30]

Hoovers Priorität bei der Verhandlung: Keine Entlarvung des Informantennetzes in der SWP

Gerichtsprotokoll der Aussage des Agenten Roy T. Noonan, S. 372

Aus internen Regierungsdokumenten, die von Haverty-Stacke angeführt werden, geht auch hervor, welche Qualitäten Hoover bei möglichen Informanten schätzte. Haverty-Stacke verweist auf ein Gespräch zwischen Hoover, Generalstaatsanwalt Francis Biddle und den Staatsanwälten Schweinhaut und Wendell Berge vom Juni 1941. Im Laufe dieser Diskussion schlugen die Anwälte des Justizministeriums vor, dass das FBI seine eigenen Agenten in der SWP-Zentrale in New York unterbringen sollte, um Beweise zur Vorbereitung auf den Prozess zu sammeln.

Diese Vorgehensweise wurde zunächst von Schweinhaut gegenüber Hoover vorgeschlagen. Berge unterstützte ihn und schrieb Mitte Juni 1941 an Hoover: »Wenn es Ihrer Meinung nach Informationen gibt, die aus der Sicht der Ermittlungen am besten durch die Methode beschafft werden können, die Sie mit mir am Telefon besprochen haben, sind Sie befugt, eine solche Untersuchung anzuordnen.« Dabei stellte er fest, dass die Anwälte der Regierung »darin einig sind, dass es sich nicht um eine Tatprovokation handelt, solange die Agenten des Staats nicht dazu anstiften, rechtswidrige Handlungen allein zum Zwecke der Beweisaufnahme auszuführen«. [31]

Hoovers Antwort ist entlarvend. Sie gibt Aufschluss über seine Strategie zur Unterwanderung der SWP. Er hatte in zweierlei Hinsicht Bedenken.

In seiner Antwort an die Anwälte des Justizministeriums äußerte er zunächst die Befürchtung, dass FBI-Agenten, die in der Parteizentrale Beweise für die Strafverfolgung sammeln sollten, ein »ernst zu nehmendes Risiko einer Bloßstellung des FBI darstellen könnten … wenn ein Agent später als Zeuge verpflichtet wäre, öffentlich vor Gericht auszusagen«. [32]

In einem weiteren Abschnitt seines Antwortschreibens (den Haverty-Stacke nicht aufgreift) erklärte Hoover, dass der Vorschlag des Justizministeriums nicht nur riskant, sondern aus Sicht der Informationsbeschaffung auch wirkungslos wäre.

Hoover schrieb: »Die Möglichkeiten, in naher Zukunft durch eine solche Regelung wichtige Beweise zu erhalten, sind sehr zweifelhaft, da sich ein neues Mitglied in der Partei zwangsläufig erst etablieren und die Parteiführer von seiner Zuverlässigkeit überzeugen müsste, bevor es vertrauliche Informationen erhält«, und dass dies »viel Zeit, wahrscheinlich Monate« in Anspruch nehmen würde. [33]

Aus diesen Zitaten lässt sich Folgendes ableiten: Für Hoover war ein Informant wertvoll, wenn er (a) vor einer Enttarnung durch eine öffentliche Aussage vor Gericht geschützt werden konnte, (b) bereits auf den höchsten Ebenen der SWP tätig war und das Vertrauen der SWP-Führung genoss und (c) dem FBI sofort Informationen zur Verfügung stellen konnte, ohne die Risiken und Verzögerungen, die mit einem externen Agenten verbunden sind, der sich erst bei der Parteiführung beliebt machen müsste.

Diese Diskussion fand Mitte Juni 1941 statt. Acht Monate zuvor hatte Hoover damit begonnen, die Gespräche zwischen B. E. Sackett, dem Chefagenten des FBI in New York City, und Joseph Hansen, einem der wichtigsten Führer der SWP, der als Trotzkis Sekretär in Mexiko-Stadt gedient hatte, persönlich zu überwachen.

Hansen erfüllte alle von Hoover aufgestellten Kriterien. Er hatte bereits das Vertrauen der Parteiführung gewonnen und war in der Lage, dem FBI unverzüglich und mit minimalem Entlarvungsrisiko »wichtige Beweise« zu liefern. Als die Anklage in den folgenden Monaten zustande kam, fehlte Hansens Name aus nahezu unerklärlichen Gründen auf der Liste der SWP-Angeklagten.

Joseph Hansens geheime Treffen mit der US-Regierung

Donna Haverty-Stacke untersucht anhand von Gerichtsakten und neu verfügbaren FBI-Dokumenten, wie sich das FBI auf die Verfolgung von 29 SWP-Mitgliedern im Smith-Act-Prozess von 1941 vorbereitete.

Das von Haverty-Stacke präsentierte Material vermittelt ein viel klareres Bild von dieser Schlüsselperiode in der Geschichte der sozialistischen Bewegung. Es verleiht den Dokumenten, die 1975 vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale im Rahmen seiner Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale aufgedeckt wurden, ein enormes Gewicht. Die Untersuchung des IKVI ergab, dass das Außenministerium und das FBI ab September 1940 Treffen mit einer führenden Persönlichkeit der SWP abhielten: Joseph Hansen. Im Zusammenhang mit dem von Haverty-Stacke veröffentlichten neuen Material stellt sich eine zentrale Frage: Warum gehörte Joseph Hansen nicht zu den Angeklagten im Smith-Act-Prozess?

Die in der ersten Untersuchung zu Sicherheit und die Vierte Internationale veröffentlichten Dokumente zeigen, dass Joseph Hansen nach Trotzkis Ermordung in Kommunikation mit der US-Regierung getreten ist. Zwischen 1975 und 1978 stellte sich bei der Untersuchung die Frage: Warum wäre Hansen daran interessiert gewesen, die Regierung zu kontaktieren, und warum tat er dies, ohne die SWP-Führung zu informieren? Hansen behauptete in »Healy’s Big Lie« [Healys große Lüge], dass er sich »nur einmal« mit dem FBI getroffen habe. [34] Dies entsprach nachweislich nicht der Wahrheit.

Die Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, die in der Zeitung »Neue Arbeiterpresse« vom 12. August 1977 veröffentlicht wurde

Hansen hatte drei Jahre als Trotzkis persönlicher Assistent in Coyoacán, Mexiko, verbracht. Von der Handvoll Amerikaner, die in Trotzkis Haus lebten, war er politisch am aktivsten und hatte die engsten Verbindungen zur Führung der SWP in den USA. Zehn Tage nach Trotzkis Tod am 21. August 1940 kontaktierte Hansen die US-Botschaft in Mexiko-Stadt in der Hoffnung, vertrauliche Beziehungen zur US-Regierung anzuknüpfen.

Hansens Treffen wurden auf den höchsten Ebenen der amerikanischen Regierung sorgfältig beobachtet. George P. Shaw, Robert McGregor, B. E. Sackett und andere hochrangige Figuren wurden beauftragt, die Untersuchung zu leiten und zu verfolgen. Shaw, ein hochrangiger Diplomat des Außenministeriums, hatte in US-Konsulaten in Tegucigalpa (Honduras), San Luis Potosí (Mexiko) und Ciudad Juárez (Mexiko) gearbeitet und war später als Botschafter in Nicaragua, El Salvador und Paraguay tätig. [35] McGregor diente als Sekretär des US-Konsulats in Mexiko, und Sackett war der Special Agent, der für die New Yorker Abteilung des FBI zuständig war. Innerhalb von Wochen nach Hansens erstem Kontakt wurden die Treffen zwischen Hansen und Regierungsvertretern von J. Edgar Hoover persönlich beaufsichtigt.

FBI-Direktor J. Edgar Hoover

Andere Beamte, die Hansens Fall verfolgten, waren Raymond E. Murphy vom US-Außenministerium und H. H. Clegg vom FBI. Murphy war ein gut vernetzter Beamter, der sich später für die Strafverfolgung des mutmaßlichen Spions J. Alger Hiss einsetzen sollte. Murphy war der Beamte des Außenministeriums, der dem Kongressabgeordneten Richard M. Nixon, damals Mitglied des House Un-American Activities Committee [Ausschuss für unamerikanische Umtriebe], zuerst Informationen über Whittaker Chambers zur Verfügung stellte. [36] Clegg war ein erfahrener FBI-Agent, der später als stellvertretender Direktor des FBI tätig war. [37] Regierungsbeamte behandelten die Angelegenheit mit großer Sorgfalt und ausgeprägtem Interesse. (Der entsprechende Schriftwechsel ist Anhang B zu entnehmen.)

Ein Schreiben des Mit­arbeiters der US-Botschaft George P. Shaw an das Au­­ße­nministerium vom 1. September 1940 enthält »ein Memorandum über ein Gespräch, das am 31. August 1940 zwischen Konsul [Robert G.] McGregor dieses Amts und Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Leo Trotzki, stattfand«. [38]

In diesem Memoran­dum heißt es: »Joseph Han­sen, Sekretär des verstor­be­nen Mr. Trotzki, kam am Samstagmorgen vorbei, um Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ermordung von Mr. Trotzki zu besprechen.« [39]

Bei diesem ersten Treffen versorgte Hansen die Regierung mit Hintergrundinformationen über das Attentat. Zu diesem Zeitpunkt teilte Hansen der US-Regierung mit, dass er sich 1938 über drei Monate hinweg mit Agenten der stalinistischen Geheimpolizei, der GPU, getroffen habe. McGregor stellt in seinem Bericht über das Treffen vom 31. August 1940 fest, dass Hansen sagte: »Er selbst wurde von einem Agenten der GPU angesprochen und gebeten, die Vierte Internationale zu verlassen und sich der Dritten anzuschließen.« Der Bericht besagt, dass Hansen sich drei Monate lang mit einem GPU-Verbindungsmann namens »John« getroffen hat. [40] Nach diesem erstaunlichen Eingeständnis legte die US-Regierung umso größeren Wert auf die Treffen mit Hansen.

Einige Tage später, am 4. September, kehrte Hansen in die US-Botschaft zurück und überreichte der Regierung eine Gesprächsnotiz in Form eines »Memorandum of Conversation«. Ein zweiter Bericht von George P. Shaw an den US-Außenminister wurde als »Streng Vertraulich« deklariert und auf den 4. September datiert. Darin steht: »Ich habe die Ehre … dem Ministerium die Kopie eines außerordentlich interessanten Memorandum of Conversation beizufügen, das Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Mr. Trotzki, am 4. September 1940 in meinem Büro abgab.« [41]

In dem Bericht vom 4. September heißt es, dass »Mr. Hansen einen meiner Mitarbeiter informiert hat«, was Details hinter dem Anschlag auf Trotzki vom 20. August betrifft. Laut einem dem Bericht beigefügten Memorandum sagte Hansen, »er wäre sehr gern bereit, dem Generalkonsulat eine Kopie [unveröffentlichter Schriften von Trotzki] zur Verfügung zu stellen«. [42]

Joseph Hansen bei Trotzkis Beisetzung, Mexiko, August 1940

Am 14. September schickte der Botschaftsbeamte McGregor einen weiteren »streng vertraulichen« Brief an das Außenministerium, in dem er meldete, dass Hansen an diesem Tag erneut das Konsulat aufgesucht habe, um der US-Regierung vertrauliche Informationen zu übergeben. Der Bericht beginnt mit den Worten: »Mr. Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Leo Trotzki, kam heute Morgen vorbei und überbrachte ein Memorandum, das als Photostat-Kopie beigefügt ist.« [43] Dies war das »W Memorandum« – eine Liste mit Namen von GPU-Agenten, die die SWP von Whittaker Chambers, einem ehemaligen Mitglied der Kommunistischen Partei, erhalten hatte, der später die US-Regierung bei der antikommunistischen Hexenjagd in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren unterstützte.

In dem Bericht vom 14. September wird des Weiteren festgestellt, dass Hansen der Regierung Informationen über Albert Goldman aushändigte. Es heißt darin: »Hansen sagte, dass Albert Goldman, Anwalt des verstorbenen Leo Trotzki, gestern Jacson verhört habe [›Jacson‹ war ein Deckname von Ramón Mercader, Trotzkis Mörder]. Jacson erzählte ihm, dass er am 13. Juni 1940 einen Koffer unter Zollverschluss per Railway Express in eigenem Namen an das Zollamt in New York weitergeleitet hatte …« [44]

Per Schreiben vom 25. September 1940 wurde das Au­ßen­mi­nisterium in Washington von der US-Botschaft in Mexiko darüber informiert, dass »Mr. Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Mr. Trotzki, gestern in diesem Büro vorsprach«. Hansen gab Informationen weiter, die er aufgrund der »Befragung« von Personen, die mit Ramón Mercader verbunden waren, erhalten hatte. Zu diesen zählte u. a. Sylvia Ageloff, ein junges SWP-Mitglied, das von Mercader verführt worden war, damit er sich Zugang zu Trotzkis Haus in Coyoacán verschaffen konnte. [45]

Ein weiterer Brief vom 25. September, den George P. Shaw an Raymond E. Murphy vom US-Außenministerium schickte, enthält die folgenden Sätze: »Ich mache erneut von einem persönlichen Brief Gebrauch, um Sie über den Wunsch von Mr. Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Mr. Trotzki, zu unterrichten, vertrauliche Wege zu schaffen, auf denen er mit Ihnen und durch Sie von New York City aus mit meinem Büro kommunizieren kann.« [46]

George P. Shaw bemerkt weiter, dass Hansen »es für möglich hält, dass ihm bestimmte Informationen verfügbar werden könnten, an denen das Ministerium interessiert sein wird … Aus diesem Grund möchte er mit einer Person Ihres Vertrauens in New York in Verbindung gebracht werden, der unter Straffreiheit vertrauliche Informationen übermittelt werden können.« [47]

Als Antwort auf Shaws Brief mit Hansens Bitte, als Gegenleistung für »Straffreiheit« »vertrauliche Informationen« übermitteln zu können, rief Raymond E. Murphy am 28. September J. B. Little vom FBI an. In einem Folgebrief vom selben Tag schrieb Murphy an seinen FBI-Kontakt: »Ferner ist ersichtlich, dass Hansen um den Namen einer Person ersucht, mit der er im Falle der weiteren Erschließung von Informationen kommunizieren kann. Daher wäre es wünschenswert, wenn Ihr New Yorker Büro einen Agenten schicken würde, der ihn in etwa zehn Tagen befragt. Bis dahin sollte er sich in New York befinden.« [48]

Ebenfalls am 28. September schrieb Raymond Murphy vom Außenministerium an George P. Shaw von der US-Botschaft »über den Wunsch von Mr. Joseph Hansen, Mittel und Wege zu finden, mit denen er mit mir und über mich mit Ihrem Büro kommunizieren kann … Ich würde vorschlagen, dass Mr. Hansen darüber informiert wird, dass er sich mit Mr. B. E. Sackett, Zimmer 607, United States Court House, Foley Square, New York City, in Verbindung setzt und dieses Büro als Verbindungskanal nutzt. Mr. Sackett, der von seinem Büro in Washington operierende, verantwortliche Agent des Federal Bureau of Investigation für den New Yorker Bezirk, betreibt die Untersuchung des Falls Trotzki in den Vereinigten Staaten. Das Ministerium zieht es sehr vor, diese Kanäle zu nutzen, da es streng genommen keine eigenen Mittel hat, um in die umfangreiche Untersuchung einzusteigen, die für einen Fall dieser Art erforderlich ist … Das Federal Bureau of Investigation wurde über die Abreise von Mr. Hansen informiert und wird sich zweifellos mit ihm in New York in Verbindung setzen.« [49]

Am 30. September schrieb George P. Shaw an Hansen als »Antwort auf die Anfrage, die Sie hier [in Mexiko-Stadt] vor Ihrer Abreise in die Vereinigten Staaten gestellt haben«. Shaw informierte Hansen, dass B. E. Sackett seine »Kontaktperson« werden sollte. In einer handschriftlichen Notiz schrieb McGregor: »Lieber Joe: Bitte bestätigen Sie den Erhalt und teilen Sie den Zustand der erhaltenen Nachricht mit«, um sicherzustellen, dass weder ein SWP-Mitglied noch sonst jemand den an den »Lieben Joe« adressierten Brief geöffnet hatte. [50]

Die Nachricht, dass Hansen bei »Straffreiheit« bereit war, »vertrauliche Informationen zu übermitteln«, drang bald bis zu J. Edgar Hoover vor, der sich persönlich in die Überwachung der Treffen von Vertretern des Staats mit Hansen und in seine Führung als Informant einschaltete.

In einem Brief an B. E. Sackett vom 1. Oktober 1940 bestätigte J. Edgar Hoover, dass »Joseph Hansen, Sekretär des verstorbenen Leo Trotzki, in Kürze aus Mexiko-Stadt in Richtung New York City abreist, wo er beabsichtigt, eine unabhängige Untersuchung der Ermordung von Trotzki durchzuführen. Er hat das Außenministerium um Rat gefragt, an wen er sich wenden kann, um alle Informationen zu liefern, die er beschaffen kann …« [51]

Hoover wies das FBI an, Hansens Angebot anzunehmen, bei Straffreiheit Informationen zu übermitteln: »Wenn Hansen bei dem New Yorker Büro vorstellig wird, sollte er taktvoll behandelt werden, und alle Informationen, die er liefern kann, und seine Hilfe bei dieser Untersuchung sollten angenommen werden. Natürlich darf er keine Informationen über den Stand der Untersuchung durch das Amt erhalten.« [52]

Am 23. Oktober antwortete Hansen auf George P. Shaws Brief vom 30. September: »Ich habe Ihren Brief bezüglich Mr. Sackett in gutem Zustand erhalten und werde ihn in Kürze besuchen.« [53] Hansen teilte den Behörden mit, dass der Brief nicht von SWP-Mitgliedern abgefangen worden war.

Die Stellungnahme der SWP-Führung zu Hansens Kommunikation

Hansen führte seine Treffen mit der US-Regierung hinter dem Rücken der SWP-Führung durch. Mehrere Führungsmitglieder der SWP bestritten, von Hansens Kommunikation mit der Regierung Kenntnis gehabt zu haben, und bestanden darauf, dass die Führung nach Trotzkis Tod nicht in Betracht gezogen hatte, sich an das FBI zu wenden.

Am 2. Juni 1977 interviewte David North, damals Nationaler Sekretär der Workers League (Vorgängerin der Socialist Equality Party), Felix Morrow, einen Angeklagten des Smith-Act-Prozesses, der 1940 im Politischen Komitee der SWP tätig war:

North: Ich habe mich gefragt, ob Sie sich wohl noch erinnern, was die Socialist Workers Party damals unternahm, um mehr über den Mord und seine Durchführung zu erfahren. Vor allem, ob sie von der amerikanischen Regierung in irgendeiner Weise Unterstützung erhielt.

Morrow: Keine.

North: Überhaupt keine?

Morrow: Keine.

North: Was war Ihrer Meinung nach die Haltung des FBI gegenüber dem Attentat?

Morrow: Es war in keiner Weise beteiligt.

North: Verfolgte die SWP nach Ihrem Wissen das politische Ziel, Unterstützung durch das FBI zu erhalten?

Morrow: Es gäbe keinen Grund. Der Fall war klar. Jacson war der Täter. Das einzige Problem war, festzustellen, dass Jacson ein GPU-Agent war.

North: Ich verstehe. Dann hat die SWP nach Ihrem Wissen zu keinem Zeitpunkt eine Initiative ergriffen, um Kontakt mit dem FBI aufzunehmen?

Morrow: Keine. Keine.

North: Da gab es überhaupt nichts?

Morrow: Da bin ich mir sicher.

North: Sie sind sich da sicher?

Morrow: Ja.

North: Ich hätte eine weitere Frage. Wer war mehr oder weniger in der Partei für die Untersuchung des Todes von Trotzki verantwortlich? Ich weiß, dass Goldman ein Buch über das Attentat geschrieben hat.

Morrow: Nun, alle Beteiligten – Sie wissen schon, das ganze Pol-Kom (Politische Komitee).

North: Ich verstehe. Was ist mit Joseph Hansen?

Morrow: Er war unten in Mexiko.

North: Und als er Ende September 1940 zurückkam?

Morrow: Er war nicht Mitglied des Pol-Kom.

North: Und deshalb wäre ihm keine besondere Verantwortung übertragen worden?

Morrow: Nein.

North: Sagt Ihnen der Name Sackett etwas?

Morrow: Nein.

North: Er sagt Ihnen nichts?

Morrow: Nichts.

North: Auf politischer Ebene gab es, soweit ich weiß, in diesem Zeitraum ein ernsthaftes Problem mit Repressionen gegen die SWP und die Arbeiterbewegung durch das FBI. Das war vor dem Krieg.

Morrow: Ah, ja.

North: Hatte die Repression bereits im Jahr 1940 etwa um den August herum begonnen und sich dann zum Gerichtsverfahren in Minneapolis ausgeweitet?

Morrow: Ich würde sagen, ja.

North: Auf welche Weise?

Morrow: Ich könnte mich nicht wirklich an die Details erinnern, aber wissen Sie …

North: Der Druck nahm zu?

Morrow: Ja, der Druck nahm zu.

North: Und Anfang 1941 wurde es wahrscheinlich ziemlich ernst?

Morrow: Ja.

North: In Anbetracht dessen, wie hätte die Partei eine Einstellung beurteilt – angesichts der politischen Positionen Trotzkis zur Verteidigung des Arbeiterstaats, seiner Haltung gegenüber dem Imperialismus und Stalin – wie hätte die SWP-Führung, das Politische Komitee, zu dem Zeitpunkt eine Einstellung beurteilt, die auf die Unterstützung durch das FBI in Bezug auf –

Morrow: Es gab keine Unterstützung durch das FBI.

North: Ich verstehe.

Morrow: So etwas gab es einfach nicht.

North: Also politisch gesehen wäre es als ungewöhnlich angesehen worden …

Morrow: Natürlich!

North: … wenn jemand so etwas vorgeschlagen hätte?

Morrow: Ja.

North: Ich frage dies, weil die Frage in Unterlagen aufgetaucht ist, aber Ihnen wäre das völlig neu.

Morrow: So ist es.

North: Ich verstehe, und Sie sind sich ziemlich sicher, dass es nie eine Autorisierung gab.

Morrow: Es gab keine. [54]

Morrows Angaben wurden durch die Aussagen der Mitglieder des Politischen Komitees der SWP Farrell Dobbs und Morris Lewit sowie von Morrow während des Gelfand-Falls unterstützt. [55] Jeder dieser führenden SWP-Vertreter bezeugte, dass er keine Kenntnis von Hansens geheimen Treffen mit dem FBI hatte.

Am 11. April 1982 wurde Dobbs von Gelfands Anwalt John Burton verhört:

Burton: Wussten Sie, dass Mr. Hansen 1940 persönliche Treffen mit dem FBI in New York City hatte?

Dobbs: Ich wusste nicht …

Burton: Haben Sie jemals mit Mr. Hansen über seine Treffen mit dem FBI gesprochen?

Dobbs: Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich nichts darüber weiß. [56]

Morris Lewit führte die SWP, während Cannon, Morrow, Dobbs und andere inhaftiert waren. Er wurde am 13. April 1982 unter Eid befragt und machte eine ähnliche Aussage.

Gelfand: Wussten Sie damals, ob Hansen sich nach Trotzkis Ermordung mit dem FBI in New York City getroffen hatte oder nicht?

Lewit: Ich hätte es vielleicht aus den Erklärungen der Healy-Anhänger, den Dokumenten, erfahren können. Ich weiß es nicht.

Gelfand: Haben Sie damals diese Behauptung für eine Lüge gehalten?

Lewit: Keine Lüge, aber selbst wenn – ich wusste, wenn Joe irgendetwas tat, geschah dies mit dem Wissen der Parteiführer und unter ihrer Leitung. Er war diese Art von Mensch. [57]

Hansen informierte die Führung der SWP nicht über seine Treffen mit dem FBI. Der FBI Special Agent M. R. Griffin schreibt in einem Bericht vom 9. Dezember 1940 über seinen Besuch im Hauptquartier der SWP:

Der Autor befragte James P. Cannon und Joseph Hansen zur Trotzki-Affäre und wurde von ihnen darauf hingewiesen, dass sie keine Informationen zu bieten hätten. Sie schienen sehr zurückhaltend zu sein, über die Angelegenheit zu sprechen, und gaben sehr kurze Antworten auf die Fragen, die ihnen der berichtende Agent stellte. [58]

Wie die internen Berichte der US-Behörden zeigen, legte Hansen keine solche »Zurückhaltung« an den Tag, wenn er unter vier Augen mit Regierungsbeamten sprach. Nur als Hansen sich in Anwesenheit von James P. Cannon dem FBI gegenüber sah, schwieg er.

Farrell Dobbs, James P. Cannon und Felix Morrow

Der Zeitpunkt von Hansens Treffen mit der US-Regierung

In »Trotskyists on Trial« legt Donna Haverty-Stacke Beweise dafür vor, dass die Unterwanderung der SWP durch das FBI im Herbst 1940 eine grundlegende Veränderung erfuhr, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als Hansen Kontakt zum FBI aufnahm. Der FBI-Agent Roy T. Noonan sagte vor Gericht aus, dass die Behörde »in der zweiten Jahreshälfte 1940« spezifische Akten über wichtige SWP-Führungskräfte angelegt habe. [59] (Hervorhebung hinzugefügt)

Haverty-Stacke weist darauf hin, dass diese Infiltration im Frühjahr 1941 verstärkt wurde, als das New Yorker Hauptquartier der SWP »mit gut platzierten Informanten durchsetzt« wurde. [60] »Das FBI beobachtete insbesondere die nationale Zentrale der SWP in New York sehr genau.« [61]

Hansen schrieb George P. Shaw am 23. Oktober 1940, dass er »ihn [FBI-Agent B. E. Sackett] in Kürze besuchen wird«, und zwar in seinem Büro in New York. Hansen hatte das Treffen zuvor mit dem ausdrücklichen Ziel beantragt, der Regierung bei »Straffreiheit« »vertrauliche Informationen« zu liefern.

Hansen kehrte »Ende 1940« nach New York City zurück, und Agent Noonan nannte den »November 1940« als das Datum, an dem die Unterwanderung eine höhere Stufe erreichte. Dieser Zeitpunkt hängt stark mit Hansens Rückkehr in die USA und dem Umstand zusammen, dass er am 23. Oktober zugesagt hatte, B. E. Sackett in Kürze, d. h. Ende Oktober oder Anfang November 1940 aufzusuchen.

Die im Staatsarchiv zugängliche Kommunikation zwischen Hansen und dem FBI endet mit der Notiz vom 23. Oktober 1940. Dies deutet darauf hin, dass die Beziehung nach der Rückkehr von Hansen nach New York einer höheren Stufe der Geheimhaltung zugeordnet und die Kommunikation strenger vor der Öffentlichkeit geschützt wurde.

Joseph Hansens Antrag auf »Straffreiheit«

Haverty-Stackes Buch bietet einen Sinnzusammenhang für die eigentümliche Sprache, die Hansen verwendet, indem er um »Straffreiheit« als Gegenleistung für den Informationsaustausch mit der Regierung ersucht. Nach dem »Black’s Law Dictionary« bedeutet »Straffreiheit«: »Befreiung von der Strafe; Immunität von den nachteiligen Auswirkungen der eigenen Handlungen. Siehe Immunität.« [62] Hansens Ersuchen um persönlichen rechtlichen Schutz hatte einen rein individuellen Charakter. Er hätte diese Bitte nicht geäußert, wenn er sich mit Zustimmung der SWP an das FBI gewandt hätte.

Es gibt zwei mögliche Gründe, warum Hansen bei der Regierung um Straffreiheit ersucht hätte.

Der erste betraf das Verschwinden von George Mink. J. Edgar Hoover erklärte ausdrücklich, dass Hansen deswegen befragt werden sollte. Mink war ein stalinistischer Agent, der Anfang 1940 verschwand und vermutlich ermordet wurde. Hansens zugegebene Verbindungen zur GPU gaben dem FBI Grund zu der Annahme, dass er etwas mit Minks Verschwinden zu tun hatte.

In seinem Brief an B. E. Sackett vom 1. Oktober 1940 übermittelte J. Edgar Hoover dem Agenten Hintergrundinformationen über Hansens Verbindungen zur GPU und seine möglichen Kenntnisse über Minks Verschwinden.

Hoover schrieb:

… Das Außenministerium hat ferner Informationen zur Verfügung gestellt, wonach Hansen und seine Mitarbeiter George Mink vor sechs Monaten, kurz vor dem ersten Angriff auf Trotzki im Mai 1940, liquidiert haben, indem sie Mink gefesselt und in einen Krater etwa dreißig Meilen von Mexiko-Stadt geworfen haben …

… sollte er taktvoll behandelt werden, und alle Informationen, die er liefern kann, und seine Hilfe bei dieser Untersuchung sollten angenommen werden. Natürlich darf er keine Informationen über den Stand der Untersuchung durch das Amt erhalten. Es sollte jedoch jeder Versuch unternommen werden, die Wahrheit des Berichts über George Mink zu ermitteln. [63]

Das FBI war an Mink interessiert, weil er ein bekannter GPU-Agent und ein US-Bürger war. Der ehemalige Taxifahrer aus Philadelphia war nach Moskau und in ganz Europa hin und her gereist. 1935 wurde er in Dänemark als stalinistischer Spion inhaftiert. Nach seiner Freilassung arbeitete Mink während des Bürgerkriegs in Spanien für die GPU. Der Anarchist Carlo Tresca warf Mink vor, den anarchistischen Professor Camillo Berneri im Auftrag der GPU in Barcelona ermordet zu haben. [64] Sein Aufenthaltsort und sein Verschwinden waren für das FBI von großer Bedeutung.

Nichts deutet darauf hin, dass Hoover die Trotzkisten für Minks Tod verantwortlich machte. Mit dem Ausdruck »Hansen und seine Mitarbeiter« meinte Hoover die GPU, die Mink seiner Vermutung nach getötet haben könnte. Die Trotzkisten beteiligten sich aus Prinzip nicht an der Ermordung von politischen Gegnern und konnten nicht verantwortlich sein. Außerdem hatten sie weder die Manpower noch die Fähigkeit, die Ermordung eines geschulten GPU-Killers zu bewerkstelligen. Der Einbruch in Trotzkis Wohnsitz in Coyoacán durch eine stalinistische Mörderbande im Mai 1940 und das Versagen der Wachen, das Feuer zu erwidern, geben einen Hinweis auf die Unerfahrenheit von Trotzkis Verteidigungswache.

Ein zweiter Grund für Hansen, um Straffreiheit zu ersuchen, ergab sich aus der Möglichkeit, dass die Regierung die SWP strafrechtlich verfolgen würde. Hansen benutzte Trotzkis Ermordung als Vorwand, um Verbindungen zur Regierung herzustellen. Zu diesem Zeitpunkt betrieb das FBI bereits aktiv die Überwachung der SWP und erwog die Möglichkeit einer Strafverfolgung. Mit dem Antrag auf rechtliche »Straffreiheit« wollte Hansen sicherstellen, dass weder seine bisherigen Handlungen noch die von ihm übermittelten Informationen als Grundlage für eine Anklage oder Strafverfolgung gegen ihn verwendet werden könnten. Die Tatsache, dass er weder als Angeklagter noch als Zeuge im Prozess auftrat, deutet darauf hin, dass ihm tatsächlich Straffreiheit gewährt wurde.

Joseph Hansens Abwesenheit beim Smith-Act-Prozess

Die Darstellung der Staatsanwaltschaft zu dem Fall basierte darauf, einen Zusammenhang zwischen dem Hauptverschwörer Leo Trotzki und der Socialist Workers Party aufzuzeigen. Dies erforderte eine detaillierte Darstellung jeder einzelnen Verbindung zwischen Trotzki, der im Exil in Mexiko-Stadt lebte, und der Socialist Workers Party.

Die Anklage trug alle gewichtigen Beweise vor, die in monatelangen Ermittlungen gesammelt worden waren. Hunderte von Zeugen und unzählige Undercover-Agenten waren herangezogen worden, um die Verbindung zwischen Trotzki in Mexiko-Stadt und den SWP-Beschuldigten herzustellen. Neben Hunderten von Seiten umfassender Dokumente, die die politische Unterstützung der SWP für Trotzkis Programm belegten, gab es folgende Beweismaterialien:

  • ein Foto vom März 1939, auf dem James Bartlett, der Angeklagte Harry DeBoer und ihre Frauen mit Trotzki in Mexiko zu sehen waren,
  • eine Zeugenaussage, dass der Angeklagte Emil Hansen nach Mexiko-Stadt gereist war, um Ratschläge von Trotzki über die Aufstellung von Union Defense Guards einzuholen,
  • eine Zeugenaussage, dass die Angeklagten Vincent R. Dunne und James Cannon Trotzki Anfang 1939 zusammen mit Max Shachtman besucht hatten, ebenfalls um über Union Defense Guards zu diskutieren,
  • eine Zeugenaussage, dass der Angeklagte Jake Cooper als Wache für Trotzki in Coyoacán tätig war,
  • Beweise dafür, dass der Angeklagte Carl Skoglund Anfang 1938 mit einer Gruppe von SWP-Führern, die dann Trotzki besuchten, nach Texas fuhr,
  • Aufzeichnungen aus einer texanischen Karosseriewerkstatt, die zeigten, dass ein Auto der Marke Pontiac, das sich im Besitz des Teamsters-Local von Minneapolis befand und von Vincent R. Dunne gefahren wurde, im Januar 1938 auf dem Weg von Minneapolis nach Mexiko eine Panne hatte,
  • eine Zeugenaussage, dass der Angeklagte Farrell Dobbs Anfang 1938 den SWP-Mitgliedern in Minneapolis mitteilte, dass Wachen zur Verteidigung Trotzkis in Mexiko-Stadt benötigt würden,
  • eine Zeugenaussage, dass Dobbs selbst Trotzki in Mexiko-Stadt besucht hatte,
  • ein Foto von Trotzki vom 1. August 1938, unterzeichnet von Trotzki und adressiert an Vincent R. Dunne,
  • eine Zeugenaussage, dass der Angeklagte Albert Russell ein Foto von Trotzki in seinem Büro hatte,
  • ein Hinweis in Cannons Gedenkrede nach Trotzkis Ermordung, in dem er einen Besuch in Mexiko zur Verstärkung von Trotzkis Wachen anspricht.

Ein Name drängt sich unabweisbar als wesentliches Glied für die Beweiskette der Staatsanwaltschaft auf: Joseph Hansen. Hansen lebte mit Trotzki auf dessen Anwesen in Coyoacán und diente von 1937 bis zu Trotzkis Ermordung als sein politischer Sekretär. Er nahm an täglichen politischen Gesprächen mit Trotzki teil und war hauptsächlich für die Überwachung der Kommunikation zwischen der SWP und Coyoacán verantwortlich. Viele von Trotzkis Mitteilungen an die SWP aus dieser Zeit wurden aus Sicherheitsgründen mit »J. Hansen« unterzeichnet.

Hansen verkörperte die Verbindung zwischen der SWP und Trotzki, d. h. genau den Sachverhalt, den die Staatsanwaltschaft zu beweisen versuchte. Er war bestens vertraut mit den Diskussionen zwischen der SWP-Führung und Trotzki über die Spaltung mit der Burnham-Shachtman-Fraktion in den Jahren 1939 – 1940, mit der Entwicklung der politischen Linie der Partei hinsichtlich der Wehrpflicht im Zweiten Weltkrieg und mit der Erarbeitung der Politik für Union Defense Guards. Jedes dieser Themen, insbesondere die beiden letztgenannten, wurden von der Staatsanwaltschaft wiederholt aufgegriffen, um nachzuweisen, dass die SWP und Trotzki einen konspirativen Plan zum Sturz der US-Regierung verfolgten.

Die Staatsanwälte wussten von Hansens Position als Trotzkis Sekretär, und Hansens Name wird im Laufe des Prozesses mehrfach erwähnt. Aus staatsanwaltlicher Sicht ist unerklärlich, dass Hansen nicht einmal als Zeuge vorgeladen wurde.

Hätte die SWP-Führung von Hansens Besuchen beim FBI gewusst, hätten die Verteidiger der SWP diese wichtige Tatsache im Prozess ausgeschlachtet.

Erstens wäre es eine große politische Peinlichkeit für die Roosevelt-Regierung gewesen, wenn bekannt geworden wäre, dass sie geheime Treffen mit einer Gruppe abgehalten hatte, die sie jetzt wegen Verschwörung zum Sturz der Regierung verfolgte.

Zweitens hätte die Tatsache, dass das FBI die SWP-Führung vor dem Prozess unterwandert hatte, als Beweis für den antidemokratischen, abgekarteten Charakter des Prozesses dienen können. Die Verteidiger hätten auf die Einstellung des Verfahrens hinarbeiten können mit der Begründung, dass infolge der geheimen Treffen nicht mehr zwischen den echten Plänen der SWP und den Anregungen von Geheimagenten des Staats und FBI-Beamten unterschieden werden könne. Der Beweis für Hansens Treffen hätte verwendet werden können, um aufzuzeigen, dass das FBI versuchte, der SWP durch konspirative Aufforderungen eine Falle zu stellen. Damit wäre die Legitimität des Strafverfahrens insgesamt hinfällig geworden.

Details

Seiten
239
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783886347414
ISBN (ePUB)
9783886348411
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (März)
Schlagworte
Geheimdienst Stalinismus Überwachung Zensur Ausspähung

Autoren

  • Eric London (Autor:in)

  • Ute Reissner (Übersetzung)

Eric London schreibt für die »World Socialist Web Site« zu den Themen US-Politik, Einwanderung, amerikanische Geschichte, Lateinamerika, Arbeitskämpfe und Verteidigung demokratischer Rechte. Er ist Mitglied des Politischen Komitees der Socialist Equality Party (USA).
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